Der Fachkräftemangel tritt immer mehr zutage. Dabei erleben wir gerade nur die Anfänge einer Lage, die sich in den kommenden 15 Jahren weiter zuspitzen wird. Obwohl sich diese Situation lange ankündigte, wirken viele überrascht und unvorbereitet.
Realitätsverweigerung und Verantwortungsdiffusion
Statt konsequent die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, wird vielerorts blockiert und der Schwarze Peter herumgereicht: Die unteren Ebenen verweisen auf die Führungskräfte, die Führungskräfte auf die unteren Ebenen oder die Leitung, und die Leitung verweist auf die politischen Rahmenbedingungen. Verantwortungsdiffusion muss man sich leisten können.
Dass viele junge Menschen ihre Lebenszeit lieber nicht in einer archaisch anmutenden Pyramidenorganisation mit unzähligen Hierarchiestufen und langen Entscheidungswegen verbringen möchten, wird offenbar genauso ignoriert wie der Wunsch nach einer effizienten und digitalen Arbeitsumgebung.
Je mehr Zeit ungenutzt verstreicht, umso eindrücklicher wird der Fachkräftemangel in gesellschaftlich relevanten Sektoren ausfallen und dazu führen, dass bestimmte Versorgungsleistungen nicht mehr flächendeckend zur Verfügung stehen. In manchen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen lässt sich dieser Zustand bereits heute beobachten.
Disruption als Chance für den Fachkräftemangel
In naher Zukunft werden viele Verwaltungs- und Analysetätigkeiten mithilfe von KI-Systemen teilweise oder ganz automatisiert. Die dadurch frei werdende Arbeitskraft wird in anderen Bereichen händeringend benötigt. Es bleibt eine Frage der Perspektive, ob Digitalisierung Chancen bietet. Die Möglichkeit, die betroffenen Menschen jetzt schon darauf vorzubereiten und Umschulungen anzubieten, findet allenthalben vereinzelt statt.
Gelungene Digitalisierung erkennt man nicht an der Einführung bestimmter Software-Tools, sondern daran, welchen Nutzen das Ergebnis für die Gesellschaft und den Einzelnen hat.
Adaptives, empirisches Vorgehen und situative Führung
Organisationen müssen auf die sich klar abzeichnenden Veränderungen vorbereitet werden. Einige grundlegende Prinzipien, wie Offenheit für neue Technologien, Vertrauen, schnelles Lernen aus Fehlern und situative Führung, können dabei helfen, sich an diesen Wandel anzupassen.
Im Zeitalter rasanter technologischer Entwicklungen sollten Führungskräfte den Wissensaustausch in ihren Organisationen massiv fördern und Rahmenbedingungen schaffen, die eine schnelle und situative Verantwortungsübernahme Einzelner ermöglichen.
Fazit
Auf die meisten Organisationen kommt ein höheres Level an Dynamik zu, als sie bisher zu managen gewohnt waren. Die geopolitischen, demografischen, ökonomischen, ökologischen und technologischen Veränderungen werfen Schatten voraus, die niemand ignorieren kann.
Der Fachkräftemangel kann durch die Automatisierung in Teilen ausgeglichen werden. Unsere tradierten Vorstellungen von Bildung und Karriere müssen dazu auf den Prüfstand. Gleiches gilt für den weitverbreiteten Reflex, in Veränderungen etwas potenziell Schädliches zu sehen.
Eine Verschlankung und Fragmentierung bürokratischer Organisationsstrukturen ist für Unternehmen und Verwaltungen eine große Chance. Sie zu erkennen und zu nutzen, bleibt Aufgabe der Menschen in den jeweiligen Organisationen. Die Zeit dafür ist kurz.
»Um mit der Vielfalt der Probleme in der Welt richtig umgehen zu können, müssen Sie über ein Repertoire an Antworten verfügen, das (mindestens) so nuanciert ist wie die Probleme, mit denen Sie konfrontiert werden.«
(William Ross Ashby)
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