Nach meiner ersten Rennsteigtour mit dem Mountainbike im September 2011, folgte im Mai 2012 eine Wiederholung auf der Originalroute des Wanderwegs.
Tag 1: Von Blankenstein bis Oberhof
Wir starteten zu viert um 8:00 Uhr am Selbitzufer in Blankenstein an der thüringisch-bayerischen Landesgrenze. Sofort forderte ein steiler Anstieg bis zum Ortsausgang über ca 150 Höhenmeter vollen Krafteinsatz, wobei Puls und Körpertemperatur gleichsam der Höhenmeter stiegen.
Die nächsten 25 Km glichen einem gemütlichen Einrollen. Ohne größere Anstiege ging es auf Radwegen, Forststraßen und einzelnen Singletrails flott voran, wobei wir mehrfach auf diesem Abschnitt den sog. „Todesstreifen“ der ehemaligen innerdeutschen Grenze überquerten.
Nach 28 Km erreichten wir Steinbach am Wald, wo im Ort direkt an der Straße eine gemütliche Bäckerei zum Pausieren einlädt und wir uns bei Kaffee und Gebäck noch ein paar Kohlehydrate gönnten. (Am Ortseingang befindet sich ein Supermarkt)
Gestärkt ging es weiter in Richtung Nordwesten. Kurz hinter Spechtbrunn (Km 40) kurbelten wir eine steile Rampe hinauf, die uns über 120 Höhenmeter auf die durchschnittliche Kammhöhe des Rennsteigs von 800 Höhenmeter führte. Nach weiteren 10 Km wurde mit Neuhaus am Rennweg die letzte größere Ortschaft vor unserem Tagesziel Oberhof durchquert. (Im Ort gibt es einen Radladen und die letzte reguläre Einkaufsmöglichkeit vor Oberhof)
Scheibe-Alsbach (Km 58) markierte den Mittelpunkt der ersten Tagesetappe. Jetzt galt es noch mal alle Kräfte zu sammeln und die letzten hügeligen Kilometer bis zur geplanten Mittagspause in der Turmbaude Masserberg (Km 74) durchzuhalten. Eine technisch anspruchsvolle Abfahrt mit teils scharfen Felskanten forderte zusätzliche Konzentration. Wer in der Turmbaude seine Wasservorräte auffüllen möchte, sollte die Kellnerin darum bitten, da das Leitungswasser auf den Toiletten kein Trinkwasser ist! Alternativ gibt es kurz vor Neustadt (Km 80) eine Tankstelle, die sich zum Auffüllen der Wasservorräte oder dem Einkauf kleiner Snacks eignet.
Ausgeruht und mit neuer Energie versorgt, starteten wir in die zweite Hälfte des ersten Tages, die uns noch über den höchsten Punkt des Thüringer Waldes führen sollte. Doch erst einmal erfreute uns eine verblockte Abfahrt kurz hinter Masserberg. Ein Hohlweg mitten im Wald (Km 76), der fahrtechnisch einiges abverlangte und die 150mm Federweg unserer Mountainbikes gehörig forderte. Gerade wegen solcher Streckenabschnitte, die es mehrfach über den gesamten Rennsteig-Wanderweg verteilt gibt, empfiehlt sich eine Radtour auf dem Originalweg des Rennsteigs nur mit einem Mountainbike solider Bauweise. Tourenräder oder günstige Mountainbikes aus dem Baumarkt sind für diese Wegverhältnisse ungeeignet!
Bei Km 87 erreichten wir die Waldbaude „Grosser Dreiherrenstein“, die zugleich den Mittelpunkt des Rennsteigs markierte. Wenig später folgte Höhe Stützerbach der „Bahnhof Rennsteig“ (Km 87), der heute ein beliebtes Ausflugslokal ist.
Bei Km 94 begann der Anstieg zur Schmücke (916 m ü. NN), der erst auf dem Gipfel des Großen Beerbergs (Km 102), einem erloschenen Vulkan und zugleich der höchste Punkt des Thüringer Waldes (982,9 m ü. NN), enden würde. Vom Gipfel des Beerbergs bot sich ein herrlicher Fernblick gen Südenwesten. Die verbliebenen 10 Kilometer bestanden aus einer langen, von zwei kleineren Zwischenanstiegen unterbrochenen, Abfahrt bis zum Rondell am Ortsrand von Oberhof.
17:30 Uhr erreichten wir wohl behalten unser Tagesziel, den bekannten Wintersportort Oberhof. Nach einer entspannenden Saunarunde und einem revitalisierenden Abendbuffet im radlerfreundlichen Berghotel Oberhof nutzten wir die Abenddämmerung noch für einen kleinen Spaziergang und erblickten in der Ferne bereits die Kulisse des majestätisch anmutenden Inselsberg, der als Höhepunkt der zweiten Tagesetappe vor uns lag.
Tagesbilanz:
110 Kilometer
2100 Höhenmeter
Tag 2 - Von Oberhof bis Hörschel
Nach einem ausgiebigen Frühstück begann gegen 8:30 Uhr die zweite Tagesetappe auf dem Rennsteig in Richtung Hörschel. Vor der Ski-Arena Oberhof warteten bereits zwei Freunde, die am Morgen per Zug anreisten, um uns bis Hörschel zu begleiten.
Auf breiten „Waldautobahnen“ spulten wir die ersten 20 Km im Eiltempo ab. Ein typisches und tückisches Verhalten zugleich, denn wer auf einer längeren Tour zu schnell startet, läuft Gefahr am Ende zu wenig „Körner“ übrig zu haben und eine schöne Tour kann sich im Tagesverlauf in eine Tortour verwandeln. Nach den ersten steileren Anstiegen verringerte sich die Durchschnittsgeschwindigkeit alsbald wieder und die Gruppe fand ein Tempo, bei dem sich auch die weniger konditionsstarken Fahrer wohl fühlten.
Auf einem langgezogenen Bergrücken gab es mehrfach herrliche Fernblicke in beide Richtungen des Kammes zu genießen, was unmittelbar für die perfekt präparierten und langweiligen Waldautobahnen entschädigte. Daß die zweite Etappe jedoch noch einiges zu bieten hatte, wurde jedem Fahrer spätestens ab Km 132 bewußt. Zwei steile, teils ausgewaschene Rampen forderten am Kleinen und großen Jagdberg volle Konzentration und die Mobilisierung erster Kraftreserven. Insgeheim verwarf ich auf diesem Abschnitt mein ehrgeiziges Vorhaben, den Rennsteig im Spätsommer 2012 nochmal an einem Tag zu fahren.
Mit Erreichen des Parkplatzes Grenzwiese (Km 132) unterhalb des Inselsberg, lag der größte Prüfstein des zweiten Tages vor uns: Ein Aufstieg mit bis zu 25% Steigung - 200 brutale Höhenmeter am Stück. Was sich in Zahlen harmlos liest, entpuppte sich am Berg als gnadenlos steile Rampe. Am Ende stand es 3:3 - 3 fuhren bis zum Gipfel, 3 stiegen unterwegs ab und schoben.
Auf dem Gipfel (915 m ü. NN, Km 140) angekommen, wurden wir bei herrlichem Sonnenschein mit einem 360° Fernblick belohnt, was alle vorherigen Mühen vergessen machte. Die Blicke der zahlreichen motorisiert angereisten Besucher ließen eine Mischung aus Bewunderung und Unverständnis erahnen. Das euphorisierende Glücksgefühl, einen Gipfel nur mit Muskelkraft bezwungen zu haben, wird wohl nur nachempfinden können, wer es selber einmal erlebt hat.
Nach einer halbstündigen Pause zog es uns wieder auf die Räder, da das 30 Km entfernte Endziel Hörschel alle Fahrer mehr und mehr elektrisierte. Und wenn auch das Höhenprofil einen anderen Eindruck vermittelt, forderte der letzte Abschnitt nochmal einiges an Durchhaltevermögen. Zwar ging es tendenziell bergab, wobei jede Abfahrt mit einem gefühlt ebenbürtigen Gegenanstieg „belohnt“ wurde, was an den Energiereserven zehrte.
450 Höhenmeter tiefer und 15 Km später passierten wir unweit von Eisenach entfernt die Hohe Sonne (Km 155), wo uns ein Wegweiser nur noch 15 verbleibende Kilometer bis zum Ziel in Hörschel anzeigte. Im Vergleich zum Ziel des ebenfalls dort entlang verlaufenden EB (Internationaler Bergwanderweg der Freundschaft Eisenach–Budapest, 2960 Km), der wenige Kilometer entfernt auf der Wartburg beginnt, eine geradezu läppische Distanz!
Die Höhenmeter lichteten sich, so wie sich auch die Landschaftsbilder wandelten. Laubwälder verdrängten die Nadelwälder, aus Bergen wurden Hügel, die hier und da wunderschöne Blicke auf die Wartburg oder bis weit in die Röhn hinein frei gaben.
Eifrig zog es uns dem Ziel entgegen. Die letzten Anstiege, von einem Mitfahrer liebevoll „Kleine Spaßmacher“ genannt, konnten uns nichts mehr anhaben... Bis uns am Clausberg (Km 164) kurz vor dem Ziel ein Reifenplatzer - die einzige Panne der gesamten Tour - doch noch zu einer unfreiwilligen Pause zwang.
Die verbliebenen wenigen Kilometer liefen wie von selbst und nach einer letzten Abfahrt erreichten wir gegen 14:30 Uhr die Ortsgrenze von Hörschel. Augenblicke später parkten unsere Räder am Ufer und flogen die mitgebrachten Trivia" target="_blank">Steine aus der Selbitz in die Werra. Mit Hefeweizen und Kuchen überbrückten wir die Stunde bis zum Eintreffen unseres Zuges ganz entspannt vor dem Gasthaus Tor zum Rennsteig bei herrlichem Sonnenschein...
Tagesbilanz:
65 Kilometer
1400 Höhenmeter
Gesamtbilanz:
175 Kilometer
3500 Höhenmeter
Wanderer vs Radfahrer
Wir trafen unterwegs zwei Radler, die tags zuvor mit ihren Rädern in Hörschel gestartet waren und von unangenehmen Aufeinandertreffen mit Wanderern berichteten, die teilweise erregten Gemütes ihren alleinigen Anspruch auf den Wanderweg artikulierten. Ein Problem, über das auch in einschlägigen Foren diskutiert wird. Ähnliche Erfahrungen blieben uns zum Glück erspart. Auf ein freundliches „Hallo“ folgte fast immer eine lächelnde Erwiderung. Aus der Perspektive eines Wanderers können heranrasende Mountainbiker tatsächlich bedrohlich wirken, weshalb eine rechtzeitige Verringerung der Geschwindigkeit nicht nur aus Eigenschutz angebracht ist. Letztlich geht es sowohl Wanderern als auch Radfahrern um das gemeinsame Naturerlebnis. Hier ist gegenseitige Rücksichtnahme und ein Freundliches „Hallo“ eine einfache Möglichkeit, Spannungen abzubauen. (Weitere Infos: DIMB Trail Rules)
Streckenkarte der Tour (Original Wanderweg)
Radtour auf dem Rennsteig
Bericht mit GPS-Daten, Höhenprofil und Fotos einer Rennsteigüberquerung per Mountainbike.
Mountainbiken im Harz - Brockentour Mit dem Mountainbike zum Brocken im Harz. Radtour mit 40 Kilometern und 950 Höhenmetern.
Wanderung zu den Drei Zinnen in den Dolomiten Eindrücke einer Umrundung der Drei Zinnen und Übernachtung auf der Dreizinnenhütte