Einleitung
Überall wo Menschen zusammen arbeiten, kann es Meinungsverschiedenheiten geben, aus denen Konflikte entstehen können. Erfahrene Führungskräfte wissen um die Sprengkraft ungeklärter Konflikte. Diese können unter der Oberfläche weiter schwelen und zu einem späteren Zeitpunkt um so gewaltiger ausbrechen. Sind die Konfliktparteien nicht mehr in der Lage den Konflikt eigenständig zu überwinden, kann eine Mediation angebracht sein. Bei einem Streit gilt: So spät wie möglich und so früh wie nötig. Denn ein Streit ist nicht per se etwas Schlechtes. Menschen, die gelernt haben konstruktiv zu streiten, tun dies nicht selten, weil sie einer inneren Überzeugung folgen und um der Sache wegen nach einer noch besseren Lösung streben. Doch sobald sich eine Auseinandersetzung festfährt, ein Streit unsachlich wird, kann die Hilfe neutraler Mediatoren helfen, um eine weitere Eskalation zu verhindern.
Was ist Mediation
Mediation kann dabei helfen, einen Ausweg aus einer festgefahrenen Situation zu finden. Hinter Konflikten spielen oft auch persönliche Befindlichkeiten, Beziehungen und Kommunikationsprobleme eine entscheidende Rolle. Die Aufgabe des Mediators ist es, diese Probleme herauszuarbeiten, die im Konflikt beteiligten Parteien sicher und überparteilich durch den Prozess zu begleiten und zu einer tragbaren gemeinsamen Lösung zu führen. Da eine Mediation möglichst auf Freiwilligkeit beruht, sollten alle Beteiligten dem Verfahren vorher zustimmen.
Die Führungskraft als Mediator?
Handelt es sich um einen Streit im Arbeitsumfeld, kann eine Mediation notwendig werden. Bisweilen nimmt dann auch eine Führungskraft selbst die Rolle eines Mediators ein. Das ist nicht ausgeschlossen, birgt allerdings große Risiken. Ein Mediator, der nicht überparteilich agieren kann, weil er/sie z.B. auch in den Konflikt mit eingebunden ist, oder einem der Beteiligten unausgewogen gegenüber steht, sollte die Mediation durch einen unbeteiligten Dritten durchführen lassen. Auch gilt es, die Vertraulichkeit zu wahren, denn eine Mediation dient der Vermittlung im Streitfall und nicht der Sanktionierung von Beteiligten.
Führungskräfte sollten nur in absoluten Ausnahmefällen und auch nur dann, wenn alle Konfliktparteien dem zustimmen, die Rolle eines Mediators übernehmen und eine Mediation besser einer externen Partei überlassen.
Ablauf einer Mediation
Phase 1: Orientierungsphase
Im ersten Schritt ist es notwendig, sich ein umfassendes Bild von der Situation zu machen. Hierbei können Einzelgespräche mit allen Beteiligten sinnvoll sein. In dieser Phase solltest Du nur Fragen stellen, um die jeweilige Sichtweise auf den Konflikt zu erfassen. Verzichte zudem darauf, persönliche Wertungen vorzunehmen. Bisweilen wird eine Konfliktpartei versuchen, Dich auf ihre Seite zu ziehen. Widerstehe jeglicher Parteinahme und spiegel Deinem Gegenüber sofort, wenn Du das Gefühl hast, dass dieser versucht Dich zu vereinnahmen. Oberstes Gebot ist die Wahrung Deiner Neutralität! Am Ende dieser Phase solltest Du entscheiden, ob eine Mediation geeignet ist den Konflikt zu klären. Prüfe noch einmal Deine eigene Haltung. Fühlst Du Dich einer Konfliktpartei zu sehr verbunden oder bist Du bereits Teil des Konfliktes, dann führe die Mediation nicht selbst durch. Hast Du überdies den Eindruck, dass ein Beteiligter sich in dem Konflikt verrannt hat und eine Mediation nicht zielführend ist, kann ein separates Einzelcoaching sinnvoll sein.
Phase 2: Zielklärung
Wenn Du mit allen Beteiligten gesprochen hast, lade sie zeitnah zu einem Mediationsgespräch auf neutralem Boden ein. Also nicht ins Büro einer Konfliktpartei, sondern beispielsweise in einen ruhigen Konferenzraum. Zu Beginn des Gespräches gilt es, den Rahmen zu setzen, innerhalb dessen die Mediation ablaufen soll. Formuliere Regeln wie gegenseitiges Aussprechen, aufmerksames Zuhören etc. und betonen die Überparteilichkeit Deiner Rolle als Mediator. Bitte die Teilnehmer im Anschluss darum, ihre persönlichen Ziele zu formulieren.
Orientierungsfrage:
- Was sollte in der Mediation geschehen, damit Sie im Anschluss sagen: Es hat sich gelohnt!
Phase 3: Selbstoffenbarung
In der dritten Phase bittest Du alle Teilnehmer einzeln und nacheinander darum, ihre persönliche Sichtweise auf das Konfliktgeschehen darzustellen.
Orientierungsfragen:
- Wie haben Sie die Entstehung des Konfliktes erlebt?
- Wie belastet Sie der Konflikt?
- Welche Gründe motivieren Sie?
- Wie wirkt sich der Konflikt auf das Umfeld aus?
Höre aktiv zu und versuche, durch gezieltes Nachfragen mögliche Unklarheiten auszuräumen. Achte zudem darauf, dass die anderen Teilnehmer schweigend zuhören, ohne zu unterbrechen. Für die Betroffenen kann es sehr erleichternd sein, sich erstmals frei und ohne Druck zu äußern und die eigene Sicht der Dinge darzustellen. Fasse das Gehörte regelmäßig mit Deinen eigenen Worten zusammen und benutze wenn möglich eine für alle Anwesenden verständliche Sprache. Damit hilft Du, das Gespräch zu strukturieren und Schritt für Schritt ein für alle Beteiligten verständliches Gerüst des Konfliktes zu konstruieren. Bereits in dieser Phase können sich die angestauten Emotionen durch ein besseres Verständnis für die Sichtweise der anderen Beteiligten beruhigen.
Tipp: Greife auf Hilfsmittel wie PostIts oder Whiteboards zurück. Schreibe die erkannten Problemfelder auf und bringe diese für alle gut sichtbar an einem Whiteboard oder einer Wand an. Das hilft Dir bei der folgenden Aussprache, nicht den Bezug zu den einzelnen Problemfeldern zu verlieren.
Phase 4: Aussprache
Nach dem sich alle Beteiligten offenbart und ihre Sicht auf den Konflikt dargelegt haben, gilt es gemeinsam einen Lösungsweg im Rahmen einer offenen Aussprache zu erarbeiten. Hierfür ist Deine Moderationskompetenz von besonderer Bedeutung. Achte darauf, dass alle Beteiligten ausgewogene Redenanteile erhalten und es zu keinen direkten Angriffen oder persönlichen Beleidigungen kommt. Schreite frühzeitig ein und versuche unmittelbar die Beweggründe und Emotionen hinter einer aufgeladenen Aussage herauszufinden.
Orientierungsfrage:
- Ich nehme Sie gerade als sehr angespannt und wütend wahr. Woran liegt das?
Wenn Du merkst, dass es einem Beteiligten schwer fällt, sich in das Gespräch zu begeben, aktiviere ihn über entsprechende Fragetechniken und hilf ihm dabei das Gesagte zu strukturieren. Abermals hilft Dir hierbei das Paraphrasieren, also das Zusammenfassen des Gesagten mit Deinen eigenen Worten. Frage andere Beteiligte, wie es ihnen mit dem Gehörten geht und was ihre jeweiligen Gedanken dazu sind.
Orientierungsfrage:
- Was geht in Ihnen vor, wenn Sie die Aussagen von XYZ hören?
Wenn Du das Gefühl hast, dass das Gespräch hektisch wird oder einzelne Beteiligte nicht mehr folgen können, verlangsame das Gespräch und fasse nochmal mit Deinen eigenen Worte die wichtigsten bisherigen Punkte zusammen.
Am Ende dieser Phase sollte ein Gesamtbild der gemeinsamen, der unterschiedlichen und der unvereinbaren Interessen entstanden sein. Die Gegensätze, Unterschiede und Polarisierungen werden nicht glattgebügelt, sondern klar herausgearbeitet. Ziel ist es, die Realität aller Beteiligten zu erkennen und eine gegenseitige Akzeptanz für unterschiedliche Wahrnehmungen und Sichtweisen zu erreichen. Erst auf dieser Basis kann eine gemeinsame Lösung entwickelt werden.
Phase 5: Vereinbarung
In dieser Phase geht es darum, konkrete Lösungen für das aktuelle Problem und die weitere Zusammenarbeit zu entwickeln. Die Beteiligten sollen gemeinsam Überlegungen anstellen, wie eine tragfähige Lösung aussehen kann. Es ist nicht das Ziel einen “faulen Kompromiss” auszuhandeln, der zwar für den Moment Ruhe bringt aber nicht zu einer nachhaltigen Lösung führt. Weise als Mediator auf mögliche Widersprüche hin und motiviere die Beteiligten, am Ball zu bleiben, bis ein Lösungsansatz gefunden wurde, der von allen Beteiligten mitgetragen werden kann. Fordere anschließend von jedem Einzelnen die Zusicherung ein, sich konstruktiv an der Umsetzung des gefundenen Lösungsansatzes zu beteiligen. Erst dann besprichst Du den Transfer in den Alltag. Die getroffenen Vereinbarungen betreffen die inhaltlichen Themen sowie die weitere Zusammenarbeit. Allen Beteiligten sollte daran gelegen sein, zukünftig mehr und direkt miteinander zu kommunizieren, sich gegenseitig zuzuhören und einander zu respektieren.
Phase 6: Abschlussphase
Bitte abschließend jeden Beteiligten darum zu sagen, wie es ihm geht und wie er das Gespräch empfunden hat. Schließt eine gemeinsame Vereinbarung, welche Konsequenzen das Nichteinhalten der getroffenen Abmachung hat. Danke allen Beteiligten für ihre Offenheit und ihr Mitwirken an der Lösungsfindung.
Orientierungsfrage:
- Wie geht es Ihnen jetzt?
- Was war für Sie neu und was hat Sie besonders beschäftigt?
Nachsorge
Bleib auch in der Folgezeit als Ansprechpartner für alle Beteiligten verfügbar. Es lohnt sich, nach zwei bis vier Wochen noch mal nachzufragen und sich über den weiteren Verlauf zu informieren. Eine probate Nachbetreuungsmaßnahme kann auch ein Angebot für ein Einzelcoaching sein, um einzelne Betroffene darin zu unterstützen, Konflikte in Zukunft frühzeitig zu erkennen und dadurch eine Eskalation zu vermeiden.
Zusammenfassung
Durch Mediation können Konflikte frühzeitig entschärft und eine weitere Eskalation verhindert werden. Mitarbeiter, die einmal den Erfolg einer Mediation erlebt haben, lernen oft auch eine andere Form des Umgangs im Miteinander, was wiederum der Prävention zukünftiger Konflikte dient.
Die Führungskraft als Mediator
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