Auf dem Rennsteigweg von Blankenstein bis Hörschel
Es sollte mein erster Rennsteigcross per Mountainbike werden. Wir wollten zu sechst den 170 Km langen Originalweg des Rennsteigs in 1,5 Tagen überwinden. Der Wetterbericht prognostizierte Regen und fallende Temperaturen. Eine Tour, die mir immer in Erinnerung bleiben wird...
Erster Tag: Von Blankenstein bis Oberhof
Nachdem der obligatorische Uferstein eingepackt wurde, galt es den ersten knackigen Anstieg vom Selbitzufer bis zum Ortsausgang Blankenstein zu meistern. Nach einer Nacht im ost-romantischen Gasthaus Rennsteig, ein ordentlicher Kaltstart für den noch im Halbschlafmodus laufenden Kreislauf um 7 Uhr in der Früh. Immerhin erfüllte sich die Regenprognose vorerst nicht und die gerade aufsteigende Sonne leuchtete uns den Weg gen Nordwesten.
Die ersten 25 Km des Rennsteigs von Blankenstein aus in Richtung Hörschel waren schnell und ohne besonders steile Anstiege gemeistert. Insgesamt sechsmal passierten wir auf diesem Abschnitt den sog. Todesstreifen der ehemaligen innerdeutschen Zonengrenze.
Im fränkischen Steinbach am Wald lud ein schönes Cafe am Straßenrand zum Pausieren ein. Wenige Kilometer später, in Spechtsbrunn, galt es eine ordentliche Rampe zu bezwingen, die den Rennsteig auf seine durchschnittliche Kammhöhe von 800 Metern führt.
Wenige Anstiege später passierten wir Neuhaus am Rennweg. Hernach ging es unspektakulär und langatmig auf teils asphaltierten Wegen in Richtung Friedrichshöhe und von dort auf teils harschen Wurzelpfaden und kompakten Abfahrten bis Masserberg weiter. Spätestens nach diesen Passagen stellte sich niemand mehr die Frage, ob ein ungefedertes Rad auf der Originalroute des Rennsteigs Freude bereiten würde.
Nach einem kräftigenden Mittagessen und mit 70 Km in den Beinen, stand die zweite und in puncto Höhenmetern knackigere Etappe des ersten Tages bevor. Direkt hinter Masserberg galt es eine ausgesprochen ruppige Abfahrt zu bewältigen, die jedem Fahrer ein dickes Grinsen ins Gesicht zauberte. Es ging sprichwörtlich über Stock und Stein! Nachdem der Mittelpunkt des Rennsteigs am „Großen Dreiherrenstein“ überquert wurde, begann Höhe Schmiedefeld der Aufstieg über die Schmücke zum Großen Beerberg, dem mit 980 Metern höchsten Punkt der Tour.
Gerade einmal 10 Kilometer trennten uns noch vom Tagesziel Oberhof, als sich die Wetterprognose doch noch erfüllte und ein kräftiger Regenschauer die folgende Abfahrt zur Schlammpartie mutieren ließ. In der Abenddämmerung erreichten wir schlußendlich unser radfahrerfreundliches Hotel in Oberhof.
Tagesbilanz: 110 Streckenkilometer, 2200 Höhenmeter
Zweiter Tag: Abbrechen oder Schlammschlacht?
Nach einer durchregneten Nacht war die Stimmung am Frühstückstisch passend zum Wetter eingetrübt. Einem Mitfahrer schmerzten die Knie, ein anderer fühlte sich konditionell angeschlagen. Ein weiteres Problem war die Ungewissheit, ob die letzte Zugverbindung von Hörschel nach Blankenstein, wo die Autos der Fahrer standen, unter den schlechten Wetterbedingungen rechtzeitig erreicht werden würde. Wir beschlossen die Tour unter den gebotenen Umständen abzubrechen. Da ich nicht zurück nach Blankenstein musste und von Hörschel eine bessere Zuganbindung bestand, setzte ich die Tour kurzerhand gegen 9 Uhr alleine fort. Insgeheim wollte ich meine erste Rennsteigüberquerung einfach auch nicht vorzeitig abbrechen.
Wetterchaos am Inselsberg
Vorerst beruhigte sich das Wetter und der Regen gönnte sich eine Pause und sicherte mir ein flottes Forwärtskommen auf den ersten 10 Kilometern. Doch bald kehrten die ersten Schauer langsam zurück und verwandelten den wassergesättigten Wanderweg in eine Schlammpiste. Der Anstieg zum Großen Inselsberg (916 m ü. HN), den ich nach 30 Kilometern erreichte, übertraf meine Erwartungen. Gerade die letzten 200 Höhenmeter waren derart steil, dass bei jedem Tritt das Vorderrad hochzubocken drohte. Da meine Moral zu diesem Zeitpunkt wetterbedingt im Keller war, schob ich den Rest des Berges. Auf dem Gipfel angekommen, peitschte mir der böige Wind den kalten Regen scharf ins Gesicht und dicke Nebelschwaden raubten die Sicht. Die Temperatur bewegte sich gefühlt nah dem Nullpunkt. Real zeigte das Thermometer 6°.
Ein anderer Mountainbiker, der aus einem nah gelegenen Ort kam und gerade pausierte, erwiderte auf meine Frage, ob es noch weit bis Hörschel sei: „Heute ist alles zu weit!“ Auf meine Nachfrage, wie lange man gewöhnlich bis ins 30 Km entfernte Eisenach bräuchte, antwortete er mit einem ähnlich unpräzisen Schulterzucken. Es nützte nichts, ich musste schleunigst von diesem unwirtlichen Berg runter, bevor ich mir Gedanken über den weiteren Tourverlauf machen konnte.
Nach Abfahrt vom Inselsberg dem Abbruch nah
Die Abfahrt vom Inselsberg gestaltete sich als wahre Rutschpartie. Zum Glück blieb ich im Sattel, obwohl mir vor Kälte bereits die Finger steif wurden. Ein anderer Mountainbiker hatte weniger Glück, überschlug sich und musste von seinen Mitfahrern versorgt werden. Spätestens in diesem Moment war auch mein Tiefpunkt erreicht und Gedanken an einen Tourabbruch allgegenwärtig. Wenig später erreichte ich zum Glück eine Schutzhütte, in der ich meine Kleidung sortierte und wärmende Arm- und Beinlinge anzog. Nach einigen Minuten Ruhe und einem Energieriegel, kehrte die Motivation zurück und das Ziel hieß erneut: Hörschel.
Doch vorher galt es noch zahlreiche Wurzelpassagen zu bewältigten, was bei Näse wenig Freude bereitet. Höhe Eisenach erreichte ich am frühen Nachmittag die „Hohe Sonne“, die sich auf knapp 500 Metern befindet. Der Wegweiser verkündete noch 15 verbleibende Kilometer bis zum Ziel. Plötzlich gab es kein Halten mehr und alles schien nur noch einen sprichwörtlichen Steinwurf weit entfernt!
Endspurt bis Hörschel nah der hessischen Landesgrenze
Vielleicht lag es an meinen schwindenden Kräften am Ende der Tour, aber die letzten 15 Kilometer zogen sich unerwartet zäh in die Länge und glichen einer monotonen Berg- und Talfahrt. Kaum war eine Hügelkuppe bezwungen, folgte nach kurzer Abfahrt der Gegenanstieg. Immerhin bot sich kurz ein herrlicher Ausblick auf die Wartburg, welcher für viele vorherige Strapazen entschädigte. Die letzten zwei Kilometer bis Hörschel lief es versöhnlich talabwärts. Am Ziel angekommen, versenkte ich gegen 15 Uhr meinen Stein, den ich tags zuvor am Selbitzufer aufnahm, auch stellvertretend für meine Teamkollegen, glücklich und und nicht ohne Stolz in der Werra.
Tagesbilanz: 70 Streckenkilometer, 1000 Höhenmeter
Gesamtbilanz: 180 Streckenkilometer, 3200 Höhenmeter, 11 h Nettofahrzeit
Nachbetrachtung
Welchen Unterschied macht ein Start in Blankenstein im Vergleich zum Beginn in Hörschel?
Das Höhenprofil und die Wegbeschaffenheit in dieser Richtung sind vorteilhafter. Von Blankenstein ausgehend müssen 300 Höhenmeter weniger überwunden werden.
Wanderweg oder Radweg?
Der Radweg ist länger, glatter und ebener. Der Wanderweg ist kürzer, kerniger, oft steiler und technisch anspruchsvoller. Bei gutem Wetter sind auf dem Wanderweg jedoch auch viele Menschen unterwegs.
Mountainbike oder Tourenrad?
Der Rennsteigradweg ist mit einem Tourenrad bei guter Kondition befahrbar. Den Wanderweg würde ich hingegen nur mit einem vollgefederten Mountainbike besserer Qualität fahren.
Ein, zwei oder drei Tage?
Super trainierte Biker bewältigen den Rennsteig an einem Tag. An zwei Tagen ist der Rennsteig für gut trainierte Mountainbiker zu bewältigen. Wenig trainierte Radler sollten min. 3 Tage einplanen und das Höhenprofil bei der Etappenplanung berücksichtigen.
Etappenplanung
3 Etappen: Blankenstein > Neuhaus (50 Km) / Neuhaus > Oberhof (55 Km) / Oberhof > Hörschel (60 Km)
2 Etappen: Blankenstein > Oberhof (110 Km) / Oberhof > Hörschel (60 Km)
1 Etappe: Blankenstein > Hörschel (170 Km)
Übernachtung
Es gibt für alle Ansprüche ausreichend Übernachtungsmöglichkeiten. Von Zelt, über Schutzhütte, bewirteter Berghütte, Privatpension und Hotels diverser Klassifizierungen, ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Tipp: Wer echte Hüttenatmosphäre sucht und den Rennsteig in zwei Etappen geplant hat, dem empfehle ich eine Übernachtung auf der Neuen Gehlberger Hütte direkt am Gipfel des Schneekopfs.
Meine Packliste
- Knielange Radhose, Kurzarmtrikot, Klickschuhe
- Lange Regenhose, Regenjacke und Thermohemd
- Armlinge, Beinlinge und Schuhüberzieher
- Halstuch
- Helm, Brille und wasserfester Helmüberzug
- Kurze und lange Bikehandschuhe
- Bikerucksack (30 Liter)
- Trinkblase
- Luftpumpe, Ersatzschlauch, Multitool
- Hygieneartikel
- GPS-Handy mit eingespeichertem Track
Teil 2: Rennsteig-Überquerung im Mai 2012
Interaktive Streckenkarte
(Die Route wechselt streckenweise zwischen Wander- und Radweg)
Mit dem Mountainbike über den Rennsteig
180 Kilometer und 3200 Höhenmeter in zwei Tagen. Bericht einer Rennsteig-Radtour per Mountainbike.
Wanderung zu den Drei Zinnen in den Dolomiten Eindrücke einer Umrundung der Drei Zinnen und Übernachtung auf der Dreizinnenhütte
Stonemantrail - Mountainbiketour in den Sextener Dolomiten Anspruchsvoller Rundkurs eingebettet in eine atemberaubende Landschaft mit zahlreichen Höhenmetern und traumhaften Trails.