Die Realität in vielen Unternehmen wird zunehmend bestimmt durch schnelle Veränderungen und hohe Komplexität. In diesem Umfeld werden Mitarbeiter immer häufiger direkt in wichtige Entscheidungsprozesse mit eingebunden. Führungskräfte sind somit mehr denn je auf das Vertrauen ihrer Mitarbeiter angewiesen.
Erfolgreiche Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen
Hirnforscher haben in mehreren wissenschaftlichen Studien nachgewiesen, dass Vertrauen und Anerkennung die Zufriedenheit und damit die Leistungsfähigkeit von Menschen verbessert. Auch in der Praxis konnte anhand zahlreicher Beispiele eine direkte Korrelation zwischen der Mitarbeiterzufriedenheit und dem Unternehmenserfolg hergestellt werden. Sebastian Purps-Pardigol hat diesem Themenkomplex ein ganzes Buch mit dem Titel Führen mit Hirn gewidmet.
Um diese positiven Effekte zu nutzen, sollte jede Führungskraft ihren Mitarbeitern einen Vertrauensvorschuss schenken und davon ausgehen, dass ihre Motive gut und vernünftig sind. Das bedeutet nicht, dass man immer blind vertrauen muss und nicht kritisch hinterfragen darf, sollte das Bauchgefühl einmal nicht stimmen.
Leider wird Vertrauen in der Realität zu oft durch Micromanagement, negative Vorurteile oder gefährliche Selbstüberschätzung verhindert. Daraus entsteht schnell Misstrauen, was automatisch neues Misstrauen erzeugt. Erst wenn diese Spirale erkannt und durchbrochen wird, kann echtes Vertrauen nachhaltig entwickelt werden.
Der Ursprung unseres Vertrauens
Unmittelbar nach unserer Geburt machen wir die ersten Erfahrungen mit Vertrauen. Psychologen sprechen vom sog. Urvertrauen. Wir vertrauen darauf, dass es Menschen gibt, die unser Überleben sichern, uns Nahrung, Wärme und Zugehörigkeit schenken. Wir lernen sprichwörtlich anderen Menschen zu vertrauen. Treten in dieser frühkindlichen Phase Ereignisse ein, die dieses Urvertrauen beschädigen, kann das einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung unserer Persönlichkeit haben und unsere Fähigkeit, anderen Menschen zu vertrauen, ungünstig beeinflussen.
Nicht richtig vertrauen zu können, kann sich gerade bei Führungskräften zu einem echten Problem entwickeln. Sich regelmäßig selbst zu reflektieren und dabei Klarheit über Erlebnisse und Verhaltensmuster zu erlangen, die Misstrauen begünstigen, hilft Konflikte im Arbeitsalltag zu vermeiden. Viele erfolgreiche Führungskräfte arbeiten daher regelmäßig mit speziell ausgebildeten Coaches zusammen oder ziehen sich für ein paar Tage zu einem Selbsterfahrungsseminar zurück.
Wenn aus Misstrauen Angst wird
Ein Mangel an Vertrauen begünstigt das Entstehen einer Angstkultur. Wo Kritik aus Angst vor Repression oder Unverständnis nicht offen geäußert werden kann, reagieren Mitarbeiter schnell mit Anpassung und Rückzug. Neue Ideen werden nur noch selten eingebracht und überdurchschnittliche Leistungen nehmen ab.
Wird zusätzlich eine Gruppenbildung unter den Mitarbeitern beobachtet, deutet das auf ernste Probleme hin. Kritik am Unternehmen oder den Führungskräften wird nur noch hinter vorgehaltener Hand geäußert. Dafür um so energischer. Ideen und Initiativen, die nicht der eigenen Gruppe entstammen, werden insgeheim abgelehnt oder offen kritisiert. Wissen wird "gebunkert" und nur noch widerwillig geteilt. Anstelle einer offenen Kommunikation herrscht reger Flurfunk. Zu groß die Angst, sich angreifbar für Kritik zu machen. Neue Mitarbeiter merken schnell, dass hier etwas nicht stimmt und reagieren entweder mit Anpassung oder suchen bald das Weite.
Werden keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, droht ein Flächenbrand mit unkalkulierbaren Folgen. Nicht speziell geschulte Führungskräfte sind mit solchen Situationen leicht überfordert und neigen zu unangemessenen Reaktionen. Daraus kann ein gefährlicher Teufelskreislauf entstehen, der kaum noch aufzulösen ist. Oft hilft in so einer Situation nur noch das Hinzuziehen eines externen Mediators.
Fazit
Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Angstkultur sind enorm. Mutlosigkeit, fehlende Innovation und hohe Fluktuation haben einen direkten Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit und den Erfolg eines Unternehmens. Wer eine gute Vertrauenskultur zugunsten kurzfristiger Gewinne riskiert, darf die mittel- und langfristigen Auswirkungen nicht außer Acht lassen. Denn die oben geschilderten Zustände lassen sich nur mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand umkehren, wodurch kurzfristige Gewinne mittelfristig wieder devastiert werden.