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Danke, Chef!

Danke, Chef!
Danke, Chef!

Heute vor drei Jahren wurde mir gekündigt. Was sich erst einmal dramatisch liest, war ein echter Glücksfall.

Was war geschehen? Ich arbeitete zu diesem Zeitpunkt seit sechs Jahren in Festanstellung für eine Softwarefirma, zuletzt als Manager. Das Unternehmen hatte mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen, was mit einem deutlichen Umsatzrückgang zusammenhing. Im Zuge der erforderlichen Sparmaßnahmen wurde auch meine Position - ich war der jüngste Manager am Standort - obsolet.

Wie fair eine Kündigung ist, ist immer von subjektiven Empfindungen überlagert und kann als Betroffener im jeweiligen Moment kaum objektiv bewertet werden. Auch ich benötigte etwas Zeit, um mich zu sortieren und die empfundene Verletzung zu relativieren. Mir half u.a. der Rat eines guten Freundes dabei, nicht in eine undifferenzierte Problemtrance zu verfallen. Er sagte nüchtern: "Eine Firma liebt Dich nicht!"

Empfand ich am Anfang noch Wut, weil ich mein zurückliegendes Engagement für das Unternehmen nicht gewürdigt sah, folgte bald darauf Mutlosigkeit gepaart mit Zukunftsangst, weil mir eine Vision fehlte, mit dieser mir ungewohnten Situation umzugehen. Und just in dem Moment, als ich die größte Perspektivlosigkeit spürte, erkannte ich plötzlich klar wie selten zuvor, was ich wirklich, wirklich will.

Als erstes stoppte ich den kopflosen Bewerbungsprozess, der mir zwar relativ schnell zwei unterschriftsreife Zusagen für attraktive Führungspositionen einbrachte, die letztlich aber nur eine Fortführung des Status quo bedeutet hätten. Stattdessen lenkte ich meine gesamte Energie um in den Aufbau eines neuen Unternehmens. Gerade in dieser Zeit half mir die Kraft der Überzeugung und eine genaue Vorstellung davon, was ich nicht mehr wollte dabei, durchzuhalten und die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Mein Unternehmen ist heute erfolgreich und ich empfinde nahezu täglich das großartige Gefühl einer hohen Zufriedenheit mit der eigenen Arbeit. Ein Gefühl, das durch das eben geschilderte Erlebnis an Bedeutung gewinnt.

Eine Kündigung bedeutet also nicht das Ende. Es kann der Beginn von etwas ganz Wundervollem sein. Diese Botschaft möchte ich allen Menschen mitgeben, die unglücklich mit ihrem Job oder selbst unmittelbar von einer Kündigung betroffen sind: Handelt, bevor es andere tun. Ihr habt mehr Optionen, als Ihr glaubt.

An meinen ehemaligen Chef: Danke.

Warum ich darüber so offen schreibe? Weil ich mich nicht hinter einer biographischen Hochglanzfassade verstecken möchte. Für mich war das eine wertvolle Erfahrung, die etwas ermöglicht hat, was ich ansonsten vielleicht nicht einmal ausprobiert hätte. Warum es so wichtig ist, solche Themen nicht auszusparen? Ich habe sog. FuckUp-Nights organisiert, also Veranstaltungen, bei denen UnternehmerInnen öffentlich von ihrem Scheitern berichten. Die meisten RednerInnen sind heute sehr erfolgreich - und fast alle konnten einen Zusammenhang zwischen ihren vorherigen Rückschlägen und späteren Erfolgen herstellen.

PS: Mehr zu meiner Geschichte erfährst Du im "Masters of Transformation" Podcast von Ingo Stoll.

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